Ich sehe mich sitzen zwischen den Erlen unten am Bach,
fülle einen Eimer mit grauer Tonerde, was ich nicht soll,
schleppe den Eimer nach Haus in den Ziegenstall, was ich nicht darf,
versuche, ohne mich schmutzig zu machen, was ich nicht kann
den Ton zu kneten, daraus ein Tier zu formen, von dem ich nichts weiß.
Ich denke an einen Büffel, der stark ist, mutig und schön.
Ich selber bin oft ängstlich und finde mich häßlich und klein.
Diesen Hunger, diese Gier
Nach Schönheit, Liebe, nach dem Leben
Spür ich heute noch in mir
Ungebrochen, ungestillt
So ist mir als Kraft gegeben, was oft
Nur als Schwäche gilt
Ich rolle vier Würste, das sind vier Beine, und setze darauf
den Rumpf, forme den Kopf, überhastet und ohne Plan.
Das Gebilde knickt ein in den Knien und ähnelt so mehr einem Schwein.
Ich schwitze, und in Kleidern und Haaren trocknet der Dreck.
Ich biege aus feinem Draht ein Skelett und beginne von vorn.
Die Figur bleibt stabil, sie wirkt aber plump, irgendetwas ist falsch.
Ich setze mich erschöpft auf den Boden und weiß keinen Rat.
Diesen Hunger, diese Gier...
In der Ecke meckert der Ziegenbock, lange betrachte ich ihn.
In seinen Bewegungen, dem Verhältnis von Gliedern und Rumpf,
finde ich etwas von einem Büffel, nur eine Idee.
Nun wächst aus vier schlanken, kräftigen Beinen wieder ein Tier:
der wuchtige Nacken, der kleine gehörnte Kopf, tief gesenkt,
die breite, zottige Brust, der Schwanz mit der Quaste dran.
Diesmal ist es ein Büffel, ein Bild der Schönheit und der Kraft.
Diesen Hunger, diese Gier...
Ich denke an meinen Vater, wenn der abends nach Hause kommt,
und die Mutter sagt, war es schwer, komm setz dich und iß.
Oft seh ich ihm zu dabei, ich mag seinen Geruch nach Erde und Schweiß.
Auch meine Arbeit war schwer, ich betrete die Küche, bin stolz.
Die Mutter sagt, wie siehst du aus, deine Hose, dein Hemd?
Die Schläge treffen nur meinen Rücken, ich bücke mich tief,
versuche, den Büffel zu schützen, und nur ein Hinterbein bricht ab.
Diesen Hunger, diese Gier...
Ich verstecke den Büffel unter dem Bett und schlafe nicht gleich.
Morgen zeige ich ihn dem Lehrer, der hat uns erzählt,
schon Urmenschen hätten aus Ton Figuren und Töpfe geformt.
Er wird sich den Büffel ansehn und sagen, gut gemacht.
Nebenan hör ich die Mutter, wie sie zum Vater sagt,
was soll aus dem Jungen bloß werden, er liest nur den ganzen Tag,
dabei lutscht er noch am Daumen, und immer ist er schmutzig.
Diesen Hunger, diese Gier...
Ich wickle am nächsten Morgen den Büffel in Zeitungspapier.
Meine Mitschüler prügeln mich gerne, und neulich haben sie mich
gepackt und meinen Daumen in frischen Kuhdung gesteckt.
Darum nehme ich heute den Umweg und klettere über den Zaun,
durchquere den Wald, die Wiese und springe dann über den Bach.
Ich rutsche aus und Stürze, der Büffel fällt mir aus der Hand.
Ich fische ihn aus dem Wasser, es regnet, ich komme zu spät.
Diesen Hunger, diese Gier...
Ich klopfe an, betrete die Klasse, und alles lacht.
Einer schreit, diese Pottsau wühlt schon wie sein Alter im Dreck.
Der Lehrer sagt, schon wieder Hans der Träumer, wo kommst du her?
Ich will etwas sagen, kann aber nicht, ich hab's nicht gelernt.
Wenn mich etwas stark angreift, kann ich nie sprechen,
bis heute noch nicht richtig.
Ich ducke mich in meine Bank, durchnäßt, und friere im Traum.